Aufgrund der im wahrsten Sinne des Wortes, heißen Einsatzgebiete unserer Streitkräfte, ist natürlich der Tragekomfort der Kampfbekleidung in heißen Gegenden sehr aktuell. Dabei beobachte ich, dass sich die Diskussion um ein zentrales Beurteilungskriterium bewegt, nämlich dem Gewicht.
Das erwartet Dich in diesem Blogbeitrag:
Einleitung
Gleich zu Beginn meine Anmerkung: ich finde Gewicht eine grundsätzlich wichtige Größe, allerdings sollte man auch in dieser Diskussion weitere Kriterien bei einer endgültigen Beurteilung unbedingt mit einfließen lassen.
Gewicht ist selbstverständlich ein sehr einfaches Bewertungskriterium. Man kann legt die Hose, das Shirt oder Jacke etc. auf die Waage und liest das Gewicht ab.
Je leichter, desto tragekomfortabler? Aus meiner Erfahrung sollte man mit so einem vorschnellen Schluss vorsichtig sein.
Der Tragekomfort wird von der Summe einer Vielzahl von Parametern definiert, und letztendlich ist Tragekomfort immer subjektiv, da es was mit dem individuellen Erleben zusammenhängt.
Letztendlich muss man ihn daher im echten Einsatz erleben und für sich selbst entscheiden, wie man sich fühlt.
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Welche Kriterien ziehen wir in Betracht?
Richtige Passform des Kleidungsstücks
Als allererstes grundsätzliches Kriterium möchte ich die Passform des zu beurteilenden Bekleidungsstückes anführen.
Bekleidung die nicht passt, ist schlicht und ergreifend nicht komfortabel, so leicht sie auch sein mag. Das ist banal, sollte aber deswegen gleich von Anfang an in die Beurteilung aufgenommen werden.
Ich erlebe sehr oft, dass Leute ein Teil in die Hand nehmen und es spontan beurteilen. Wenn nicht explizit mit einem Kommentar wie, „oh die ist aber schon etwas schwerer“, oder „Wow! Die ist ja super leicht“.
Aufgepasst: Bekleidung trägt man am Körper und meistens ist man in Bewegung. In der Hand fühlt sich so manches leichte Hemdchen klasse an, aber angezogen und in Aktion ist es trotzdem absolut bescheiden, weil es spannt, die Bewegungsfreiheit einschränkt oder schlabbert.
Das kann am Schnitt liegen, oder am Materialmix, oder weil beides nicht zusammenpasst.
Daher Regel Nummer 1: Erstmal anziehen, ein paar Bewegungen machen und erst dann das Gewicht beurteilen.
Denn, leider findet bei der spontanen Gewichtsbeurteilung in der Hand bereits eine Entscheidung statt, die man dann bei der weiteren Beurteilung unbewusst im Hinterkopf mitschleppt und dies das Urteil verfälschen kann.
Leider stellt man das dann häufig erst später fest, wenn es unter Umständen zu spät ist. Also: Gewicht am Körper erleben!
Luftdurchlässigkeit, bzw. Luftzirkulation.
Oft findet man sehr leichte Gewebe, die allerdings sehr dicht gewoben sind, um die nötigen Materialfestigkeiten aufrecht zu erhalten.
Ich habe mich viel und intensiv mit Soldaten unterhalten, die aus den beschriebenen heißen Gegenden zurückkamen.
Die Einstimmige Meinung war, dass in heißer Umgebung jeder Luftzug, den man auf der Hautoberfläche spürt angenehm ist. Selbst wenn die Luft in diesen Gegenden wärmer ist, als die Hautoberfläche.
Es handelt sich dabei um ein grundsätzliches, physiologisches Phänomen. Unser „Kühlmechanismus“ basiert zum großen Teil auf Verdunstung.
Das bedeutet, man schwitzt, der Schweiß verdunstet und damit gibt der Körper die produzierte Wärmeenergie ab. Diese Wärmeenergie entsteht dadurch, dass Muskulatur, Organe arbeiten.
Diese Arbeit braucht Energie und es bildet sich Wärme. Man kennt das von unterschiedlichen Maschinen (nicht unbedingt Verbrennungsmotoren, da dort die Zündungen die Wärme produzieren).
Wenn die Maschine eine Zeit arbeitet, dann wird beispielsweise das Gehäuse warm.
Der als angenehm empfundene kühlende Luftzug kommt dadurch zustande, dass die verdampfte Feuchte abtransportiert wird und man besser weiterdampfen kann.
Ohne diesen Luftzug, reichert sich die Luftschicht über der Haut mit Feuchte an und es kommt zu einer gewissen Sättigung dieser Luftschicht.
Je höher der Sättigungsgrad, desto weniger Feuchte kann von der Luft aufgenommen werden. Damit funktioniert das Verdunsten des Schweißes nicht mehr so gut, wodurch unser körpereigener Kühlmechanismus nicht mehr so effektiv funktioniert und auf Teufel komm raus weiterschwitzt, um abzukühlen.
Ich persönlich halte daher Luftdurchlässigkeit und -zirkulation für sehr wichtig für den subjektiv gefühlten Tragekomfort.
Wir erhöhen beispielsweise die Luftdurchlässigkeit des Kleidungsstücks, indem wir Reißverschlüsse an optimalen Stellen unserer Striker HT Kampfhose eingesetzt haben.
ABER: Bei zu hoher Luftdurchlässigkeit kann es dazu kommen, dass man seinen Kühlmechanismus permanent auf Hochtouren laufen lässt.
Das bedeutet, dass die produzierte Schweißmenge zu schnell verdampft und man dadurch auch wieder munter weiterschwitzt, weil der Körper ja die Rückmeldung bekommt, dass es immer noch heiß ist. Logisch bei 40-50°C.
Das Ergebnis dessen ist, dass man zwar damit den Kühlmechanismus fördert, aber durch das Schwitzen auch viel Körperflüssigkeit verliert.
Das wäre ja prinzipiell in Ordnung, wenn man neben einem gut gefüllten Wasserfass voller Mineralien sitzen würde. Normalerweise hat man diesen Luxus allerdings nicht, da man sein Wasser selbst mitschleppen muss.
Man verliert also sehr viel Flüssigkeit, die man dem Körper wieder zuführen müsste, aber nicht ausreichend dabei hat. Im Extremfall kann das bis zu 5 Liter „überflüssigen“, also nicht unbedingt nötigen Flüssigkeitsverlust bedeuten.
Das heißt, dass das Gewebe und die Konstruktion ein gut ausgewogenes Maß an Luftdurchlässigkeit und -zirkulation bieten sollte, die man am besten sogar selbst regulieren kann.
Meine Meinung dazu ist, dass man ein Gewebe mit einigermaßen guten, aber nicht zu hoher Luftdurchlässigkeit braucht, und die Bekleidung Ventilationsöffnungen hat, die man bei hoher Belastung mal für eine kurze Zeit aufmachen kann, um sie dann auch wieder zuschließen.
Damit versucht man für sich selbst, individuell die Balance zwischen Unterstützung des Verdunstungsmechanismus und einen zu hohen Feuchtigkeitsverlust einzustellen.
Allerdings muss man hier eine grundsätzliche Einschränkung treffen: Es ist ein sehr großer Unterschied, ob man in feucht-heißen oder trocken-heißen Regionen unterwegs ist. In trocken-heißen Regionen ist die Luftzirkulation und Ventilation als Kühlung sehr effizient.
In feucht-heißen Regionen, verliert sie allerdings an Effizienz. Bei einer Luftfeuchtigkeit von über 90% bin ich der Meinung, dass sie in Bezug auf Kühlungseffekt fast schon zu vernachlässigen ist.
Ein moderater Baumwollanteil ist hier sicher gut, da das Gewebe feuchte aufnehmen kann und nicht so schnell an einem runter läuft. Zu viel Baumwolle ist dagegen fatal, da man die Klamotten einfach nicht mehr trocken bekommt.
Was mich zum nächsten Punkt bringt.
Rücktrocknung
Jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass ein schnell trocknendes Bekleidungsstück Gold Wert ist.
Dafür gibt es eine Faustregel: Je mehr Synthesefasern im Textil sind, desto schneller trocknet es.
Das ist nicht so wichtig in trocken-heißen Regionen, denn da trocknet auch 100% Baumwolle sehr schnell. Je tropischer es allerdings wird, desto schlechter trocknet ein 100% Baumwollgewebe, da die Baumwolle sehr viel Feuchte aufsaugt und diese nur ungern wieder abgibt.
Baumwolle steht eben auf Feuchte. Insofern ist 100% Baumwolle in Tropenbekleidung grundsätzlich eher schlecht.
Auch 100% Synthetik ist wahrscheinlich auch nicht so angenehm, denn obwohl man in wirklich tropischen Regionen ohnehin immer nass ist, fühlt sich ein frisch angezogenes Baumwoll- oder Synthesemischgewebe zumindest die ersten paar Minuten angenehmer an.
Heiß-trocken ist eigentlich prädestiniert für 100% Baumwolle. Der riesengroße Nachteil ist allerdings: je leichter das Baumwollgewebe, desto anfälliger ist es gegen mechanische Beschädigung.
Das bedeutet, man muss schon ein ziemlich schweres Baumwollgewebe hernehmen, um die Festigkeiten zu bekommen, dass einem die Klamotten nicht beim ersten Marsch durch´s Gebüsch zerfetzen. Womit wir bei dem schon oben besprochenen Gewicht sind. Aber dazu weiter unten noch ein paar Bemerkungen.
Funktionselemente
Ich habe schon einige Male sogenannte Tropenbekleidung gesehen, die fast schon skelettiert war.
Sprich, man hat sie auf ein nicht mehr funktionstüchtiges (Gewichts-)Minimum reduziert, damit sich das Teil in der Hand gut anfühlt und auf der Waage ein bestechendes Ergebnis liefert.
Der Ansatz ist grundsätzlich nicht unbedingt verwerflich, es Bedarf allerdings sehr sorgfältiger Überlegungen, auf was man wirklich auf jeden Fall verzichten kann.
Die Betonung möchte ich hier auf den letzten Teil des Satzes legen, „.. auf jeden Fall verzichten kann.“
Es ist fatal, wenn ich irgendwo, jenseits von Afrika feststelle, dass ich Mission Critical Equipment nicht mehr in der Seitentasche sicher verstauen kann, nur damit die Hose leichter wird, oder nur der klassisch umgeschnallte Knieschutz noch getragen werden kann, der heiß ist und nach 1 Stunde Marsch die Haut aufscheuert.
Folge diesem Link, um mehr über die funktionale Taschenkapazität der Striker X Kampfhose zu erfahren.
Bei aller Gewichtsreduzierung hat man immer noch eindeutige Grundanforderungen an die Funktionselemente, die Kampfbekleidung auch in der Wüste oder den Tropen auszeichnet.
Hier sollte ebenso gelten, was bei allen unseren Entwicklungen das Grundprinzip ist: Die Taktik definiert die Bekleidung und nicht umgekehrt.
Fazit
Kommen wir wieder zurück zu unserer Ausgangsfragestellung: Ist Gewicht gleich Tragekomfort. Natürlich nicht. Damit verbunden ist aber eine weiterführende Frage, die schon wesentlich komplizierter ist: Wie stark beeinflusst Gewicht meine Reaktionszeiten, meine Schnelligkeit im Einsatz?
Ich hatte dazu ein sehr interessantes Gespräch mit einem Bekannten, einem ehemaligen Kommandosoldat.
Er ist der Meinung, dass jedes Gramm Gewichtseinsparung die Schnelligkeit im Einsatz um gerade die kritische Zehntelsekunde bringen kann, die darüber entscheidet, ob der Gegenüber oder ich sich durchsetzen.
Während ich dieser These grundsätzlich nicht widerspreche, bin ich jedoch der Meinung, dass beides, Gewicht und Trageeigenschaften (Komfort und Funktionalität) diese Zehntelsekunde bringen können.
Gewichtseinsparung die zu Lasten der Beweglichkeit und der Funktionalität geht, ist im besten Fall ein Nullsummenspiel, unter Umständen sogar kontraproduktiv.
Wir kamen im Gespräch zu einem Beispiel, nämlich einem Mountainbike. Ein Bike, mit einem superleichten Rahmen, bedeutet nicht automatisch, dass ich eine bessere Fahrleistung bringe und weniger Energie für´s Fahren verbrauche.
Es sind noch viele andere Elemente des Bikes entscheidend, dass ich wirklich eine höhere Leistung bringen kann und schneller sein werde.
Wenn beispielsweise das Tretlager schwergängig ist, dann nützt mir die ganze Gewichtseinsparung überhaupt nichts, da ich wegen des schlechten Tretlagers mehr Kraft und Energie aufwenden muss, um die gleiche Fahrleistung zu bringen, wie mit einem vergleichsweise schwereren Rahmen und einem bessergängigen Tretlager.
Es müssen also wesentlich mehr Elemente des Bikes und in unserem Fall der Bekleidung optimal aufeinander abgestimmt sein, um letztendlich bekleidungsbedingt eine bessere Leistung zu bringen.
Die Schwierigkeit besteht in der Komplexität der Faktoren, welche für das Abrufen einer Leistung verantwortlich sind. Das reicht von rein physischen bis hin zu psychischen Faktoren, welche im Zusammenspiel die Leistung beeinflussen können.
Gewicht ist dabei nur ein Einflussfaktor, der alleine betrachtet und optimiert nicht automatisch zu einer besseren Leistung führen.
Natürlich gilt das vor Allem dann, wenn wir über Gewichtsgrößen im Grammbereich sprechen. Ob das jetzt bei 1 Gramm liegt oder bei 100 oder 200 Gramm, sei erstmal dahingestellt.
Meine persönliche Meinung ist, und damit komme ich zu meinem Fazit, dass ein zusätzliches Gewicht von 200 Gramm locker durch optimierten Tragekomfort kompensiert werden können.
Bekleidung, die meine Bewegungen reibungslos mitmacht und gegen die ich nicht bei jeder Bewegung ankämpfen muss, versetzt mich in die Lage, mich sicherer und effizienter zu bewegen, als die klassischen Säcke, mit denen ich Gefahr laufe hängenzubleiben, die bei jedem Schritt spannen und die meine Konzentration stören, weil sich nach einiger Zeit Scheuerstellen in neuralgischen Bereichen bilden.